Nach langem Warten ist es soweit: Ab dem 1. Juni 2025 gelten deutlich höhere Anwaltsgebühren. Die Erhöhungen liegen zwischen 6 und 9 Prozent, in einigen Bereichen sogar darüber. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen zu den neuen Vergütungsregelungen.
Das Wichtigste auf einen Blick
Das Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz (KostBRÄG 2025) bringt ab dem 1. Juni 2025 spürbare Verbesserungen mit sich. Die wichtigsten Eckdaten:
Wertgebühren: +6% (Zivil-, Handels-, Arbeitsrecht)
Festgebühren: +9% (Straf-, Sozialrecht, Beratungshilfe)
PKH-Gebühren: deutlich verbessert (90% der Regelgebühr)
Kindschaftssachen: bis +33% (Familienrecht)
Stichtag: 1. Juni 2025 (nur neue Mandate)
Die neuen Regelungen gelten ausschließlich für Mandate, die ab dem Stichtag erteilt werden. Bei mehrstufigen Verfahren wird jede Instanz separat betrachtet.
Wertgebühren steigen um 6 Prozent
Zivilrechtliche Mandate werden ab Juni spürbar besser vergütet. Die Anpassung betrifft alle wertabhängigen Gebühren einheitlich. Die unterste Wertstufe bis 500 Euro steigt beispielsweise von 48,60 Euro auf 51,50 Euro bei der einfachen Gebühr.
Diese Erhöhung mag auf den ersten Blick moderat erscheinen, summiert sich aber über alle Mandate hinweg zu einem deutlichen Mehrerlös. Besonders bei höheren Streitwerten macht sich die 6-prozentige Steigerung schnell bemerkbar. Betroffen sind alle klassischen zivilrechtlichen Bereiche: Vertragsrecht, Handelsrecht und Arbeitsrecht.
Festgebühren: 9 Prozent mehr für Strafverteidiger
Hier können sich vor allem Strafverteidiger und Sozialrechtsanwälte freuen. Alle Betragsrahmengebühren in Strafsachen und Bußgeldverfahren werden um 9 Prozent angehoben. Das ist eine deutliche Verbesserung, die viele Kollegen seit Jahren gefordert haben.
Im Sozialrecht war ursprünglich sogar eine Erhöhung um 20 Prozent geplant. Letztendlich wurden es 9 Prozent – immerhin eine wichtige Aufwertung für diesen gesellschaftlich relevanten Rechtsbereich. Auch die Beratungshilfe profitiert von der linearen Steigerung um 9 Prozent.
PKH-Gebühren: Endlich angemessene Vergütung
Die Prozesskostenhilfe-Vergütung war dringend reformbedürftig. Viele Kollegen haben PKH-Mandate zuletzt gemieden, weil die Vergütung nicht kostendeckend war. Das ändert sich jetzt grundlegend.
Die wichtigsten Verbesserungen:
Bei 5.000€ Gegenstandswert: 90% der Regelgebühr nach § 13 RVG
Kappungsgrenze steigt von 50.000€ auf über 80.000€
PKH-Gebühren nähern sich der Wahlanwaltsvergütung an
Diese Anpassung macht PKH-Mandate endlich wieder wirtschaftlich attraktiv und sorgt für eine gerechtere Vergütung. Damit wird auch die Qualität der Rechtsvertretung für finanziell schwächere Mandanten verbessert.
Familienrecht: Die großen Gewinner
Familienrechtler dürfen sich besonders freuen. Die Aufwertung der Kindschaftssachen ist beachtlich und längst überfällig. Kindschaftsverfahren erhalten einen höheren Wert von 5.000 Euro, was 20 Prozent mehr Gebühren bedeutet. Bei einstweiligen Anordnungen sind es sogar 33 Prozent mehr.
Auch andere familienrechtliche Verfahren profitieren: Abstammungs-, Ehewohnungs- und Gewaltschutzsachen werden um 1.000 Euro höher bewertet. Diese Aufwertung spiegelt die gesellschaftliche Bedeutung des Familienrechts wider und macht komplexe Verfahren angemessen vergütbar.
Eine wichtige Klarstellung betrifft die Terminsgebühr: Die „fiktive" Terminsgebühr kann nun auch bei Erörterungsterminen berechnet werden, wenn eine Einigung ohne Termindurchführung erreicht wird. Das schafft Rechtssicherheit in der Praxis.
Übergangsrecht: Was Sie beachten müssen
Der Stichtag ist der 1. Juni 2025, und hier ist Vorsicht geboten. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Auftragserteilung. Mandate, die bis zum 31. Mai 2025 erteilt werden, bleiben komplett bei den alten Sätzen – auch wenn die Bearbeitung erst nach dem Stichtag erfolgt.
Übergangsregelung im Überblick:
❌ Auftrag bis 31.05.2025: alte RVG-Sätze für gesamte Angelegenheit
✅ Auftrag ab 01.06.2025: neue, höhere Anwaltsgebühren
⚖️ Mehrere Instanzen: jede Instanz wird separat betrachtet
Bei mehrstufigen Verfahren wird jede Instanz separat betrachtet. Ein praktisches Beispiel: Wird die Berufung erst am 15. Juni 2025 beauftragt, gelten die neuen Gebühren für diese Instanz, auch wenn die erste Instanz noch nach altem Recht abgerechnet wurde.
Praktische Umsetzung in der Kanzlei
Für die Umstellung sollten Sie rechtzeitig alle Systeme anpassen. Das bedeutet mehr als nur das Aktualisieren der Gebührentabellen. Ihre gesamte Abrechnungsinfrastruktur muss auf die neuen Sätze umgestellt werden.
Umsetzungs-Checkliste:
Sofort erledigen (bis 1. Juni):
[ ] Gebührentabellen aktualisieren
[ ] Abrechnungssoftware auf neue RVG-Sätze umstellen
[ ] Mandatsverträge und Pauschalvereinbarungen prüfen
[ ] Team über wichtigste Änderungen informieren
[ ] Mandanten über Gebührenerhöhung informieren
Laufend beachten:
[ ] Übergangsfälle dokumentieren (Auftragsdatum festhalten!)
[ ] Instanzenweise Abrechnung bei mehrstufigen Verfahren
[ ] Neue Gerichtsgebühren berücksichtigen
Informieren Sie Ihre Mandanten transparent über die Gebührenerhöhung. Die meisten werden Verständnis haben, wenn Sie die Situation ehrlich erklären. Schließlich ist die letzte Erhöhung schon Jahre her.
Parallel zu den Anwaltsgebühren steigen auch die Gerichtsgebühren um 6 Prozent bei Wertgebühren und 9 Prozent bei Festgebühren. Das sollten Sie bei der Kostenplanung berücksichtigen.
Weitere Neuerungen im Detail
Nicht alle Änderungen führen zu höheren Gebühren. Im Bußgeldrecht wird die unterste Gebührenstufe angepasst: Sie gilt nun bis 80 Euro Bußgeld statt wie bisher bis 60 Euro. Dies betrifft die Nummern 5101 und 5105 VV RVG und führt zu niedrigeren Gebühren bei kleinen Verkehrsverstößen.
Bei Inkassodienstleistungen gibt es eine wichtige Klarstellung für einfache Fälle: „In einfachen Fällen darf nur eine Gebühr von 0,5 gefordert werden; ein einfacher Fall liegt in der Regel vor, wenn die Forderung innerhalb von zwei Wochen nach der ersten Zahlungsaufforderung beglichen wird."
Häufige Fragen und praktische Antworten
Wann treten die neuen Gebühren in Kraft? Ab dem 1. Juni 2025 für alle neuen Mandate. Entscheidend ist das Datum der Auftragserteilung.
Wie hoch sind die Erhöhungen konkret? Wertgebühren steigen um 6 Prozent, Festgebühren um 9 Prozent. In Kindschaftssachen sind es bis zu 33 Prozent.
Was passiert mit laufenden Mandaten? Diese bleiben bei den alten Sätzen. Nur neue Aufträge ab dem 1. Juni 2025 profitieren von den höheren Gebühren.
Welche Rechtsbereiche profitieren am meisten? Strafrecht mit 9 Prozent, PKH-Mandate durch strukturelle Verbesserungen und Familienrecht, besonders Kindschaftssachen.
Realistische Einschätzung der Erhöhung
Seien wir ehrlich: Diese Erhöhung gleicht hauptsächlich die Inflation der letzten vier Jahre aus. Eine echte Verbesserung der Anwaltsvergütung sieht anders aus. Bei der angespannten Haushaltslage war politisch aber mehr nicht durchsetzbar.
Dennoch überwiegt das Positive. Die strukturellen Verbesserungen bei PKH und Familienrecht gehen über einen reinen Inflationsausgleich hinaus. Zudem schaffen die Klarstellungen mehr Rechtssicherheit in der täglichen Praxis. Wichtig ist auch das Signal: Die Politik erkennt den Bedarf für regelmäßige Anpassungen.
Ausblick: Was kommt danach?
Die Anwaltschaft braucht regelmäßige Anpassungen der Vergütung, idealerweise in jeder Legislaturperiode. Die aktuelle Erhöhung ist ein wichtiger Schritt, aber nicht der letzte. Langfristig sollte es eine Inflationsautomatik geben, die solche jahrelangen Wartezeiten verhindert.
Weitere Baustellen bleiben: Die Vergütung komplexer Mandate ist nach wie vor unzureichend, und auch bei der PKH-Vergütung gibt es noch Verbesserungspotential. Aber immerhin bewegt sich etwas in die richtige Richtung.
Fazit: Jetzt konsequent umsetzen
Die neuen Anwaltsgebühren ab 1. Juni 2025 sind eine spürbare Verbesserung für die Anwaltschaft. Nach vier Jahren ohne Erhöhung ist das ein wichtiges Signal. Nutzen Sie die Erhöhung konsequent für alle neuen Mandate und kommunizieren Sie die Änderungen rechtzeitig an Ihre Mandanten.
Die wichtigsten Punkte nochmal:
6 bis 9 Prozent höhere Gebühren ab dem Stichtag
Besondere Verbesserungen für PKH und Familienrecht
Nur neue Mandate ab dem 1. Juni betroffen
Rechtzeitige Vorbereitung ist entscheidend
Die RVG-Erhöhung 2025 kommt zur rechten Zeit. Nutzen Sie sie als Chance, Ihre Kanzlei wirtschaftlich zu stärken und gleichzeitig die Qualität Ihrer Beratung weiter zu verbessern.
Rechtlicher Hinweis: Das KostBRÄG 2025 wurde am 10. April 2025 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. 2025 I Nr. 109) und tritt am 1. Juni 2025 in Kraft.



